29. November 2016

Wechselmama /// Gedanken aus dem Nähkästchen

Der eine oder andere hat es sich sicher schon zusammen gereimt: Ich habe mich vor einiger Zeit getrennt. Nicht nur mein Blog, sondern auch meine Arbeit hat darunter gelitten. Es hat Monate gebraucht, bis ich mich wieder richtig einfinden konnte. Bis die Kreativität wieder floss und mir wieder eine Fülle von Ideen kam. Zu voll war mein Herz mit Sorgen und Unsicherheiten.
Bei so einer Trennung gibt es aber nicht nur die berufliche Komponente, sondern eben auch viele andere. Jeder von uns besetzt im Leben einen Haufen Rollen. Da ist der arbeitende Mensch, die Freundin, die Liebhaberin, die Ehefrau und nicht zuletzt eine sehr raumgreifende Rolle: die Mutter. Gerade wenn es an eine Trennung geht, ist man stark verunsichert. Darf ich das? Muss ich nicht einfach die Zähne weiter zusammenbeissen? So schlimm ist das alles doch gar nicht? Darf ich so egoistisch sein? Ist mein persönliches Lebens- und Liebesglück wirklich so relevant? Heißt Mutter Sein nicht auch Aufopferung?

Monatelang schlägt man sich damit herum, vergießt ungezählte Tränen, weiht irgendwann eine Freundin ein (oder wird konfrontiert, weil man selbst viel zu lange schwieg um niemaden zu belasten) und kommt zu dem Schluss: Nein! Ich darf und muss egoistisch sein! Denn wenn Kinder etwas spüren, dann ist es Unaufrichtigkeit. Da helfen all die schönen Worte nichts. Und wenn ich persönlich meinen Kindern immer etwas mit auf den Weg geben wollte, dann war es Authenzität.

Nun steht da die eigene Mutter und sagt: Ich kann nicht mehr. Es gilt Konzepte zu erarbeiten, man diskutiert mit dem Ex-Partner über den weiteren Verlauf und versucht Lösungen zu finden. Und dann kommt eines der Kinder mit einer fairen Lösung ums Eck, die man selbst schon diskutiert hat: Warum können wir nicht bei dir und bei Papa sein?

Ja warum eigentlich nicht? Wenn man in einem Ort wohnt, die Schule die gleiche bleibt, es sich beruflich einrichten kann und man den Vater nicht aus dem Spiel nehmen will? Zwei Kinderzimmer, zwei Wohnungen, zwei Mittelpunkte. Im wöchentlichen Wechsel. Man liest sich ein, man lässt sich beraten und offizielle Stellen sowie Anwalt und der eigene Bauch raten einem zu.

Ganz ehrlich: Für meine Kinder ist das die fairste Lösung. Mutter und Vater gleichberechtigt. Beide Bezugspersonen sind erreichbar und bieten ein liebevolles Zuhause für die Kinder. Gerade Kinder befinden sich bei einer Trennung in einem Loyalitätskonflikt – ein Wechselmodell, sofern realisierbar, entspricht da sehr dem Gerechtkeitssinn von Kindern. Fragt man jetzt meine Kinder nach rund 1,5 Jahren Wechselmodell, finden sie es fair. Am Freitag hole ich zwei freudig aufgeregte Menschen von der Schule ab und den nächsten Freitag bringe ich morgens zwei freudig aufgeregte Menschen zur Schule, die sich schon auf eine Woche mit dem Vater eingestellt haben und kaum den Schulschluss erwarten können. Das ganze funktioniert natürlich nur, wenn man sich trotz einer Trennung zumindest eine Basis in der elterlichen Kommunikation bewahrt. Da gibt es viele Details die bezüglich Schule und Freunde via WhatsApp oder Telefon geklärt werden müssen und auch die Kinder wünschen sich respektvolle Aufeinandertreffen der Eltern, freuen sich, wenn trotz Konflikten die ihnen nicht verborgen bleiben auch mal miteinander gelacht wird und man sich und den neuen Partnern ein schönes Wochenende oder einen schönen Abend wünscht.

Und so ist es nun. Ich bin Wechselmama. Eine, die eine Woche lang, unterbrochen von einem Besuchstag, ihre Kinder aus der Hand gegeben hat. Eine, die der väterlichen Kompetenz vertraut die Kinder nicht zum Spielball zu machen, auch wenn bei so einer Trennung nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Eine, die das aushalten muss, das so viele Väter sonst wegstecken müssen: die Kinder nicht immer um sich zu haben. Und die aushalten muss, dass darüber auch geredet, gemunkelt und unterstellt wird, weil man sich abseits von etablierten Rollenmodellen bewegt. Aber: ich weiß um die Bedeutung eines Vaters im Leben der Kinder. Und das ist mir sehr wichtig, das diese Zweiseitigkeit in der elterlichen Beziehung weitgehend erhalten bleibt. Eine Trennung ist immer Kompromiss für die Kinder, nie gewünscht, aber wir versuchen das beste daraus zu machen. Auf unsere Art.

Nur: nicht immer geht das. Bei den meisten Trennungsfamilien vermutlich nicht. Weil sich das weder mit Arbeitspensum, Wohnsituation, noch mit der bisherigen Struktur der Familie vereinbaren lässt. Wenn ihr Lust habt, lasst mir doch eure Gedanken und Erfahrungen zu dem Thema da. Plaudert doch selbst ein wenig aus dem Nähkästchen.

18 Kommentare:

  1. Ich wünsche Dir einen guten Neuanfang. Jeden Tag wird es jetzt ein bisschen leichter werden. Das wichtigste für Kinder ist, dass die Mutter glücklich ist, und wenn sie das mit dem Vater nicht sein kann, dann ist das eben so. Alles andere wäre eine Lüge und nicht gut. Ich hoffe Ihr findet einen guten Weg um Euch weiterhin gemeinsam um die Kinder zu kümmern. VG Bea

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    1. Danke für deine Gedanken! Ja, genau das meine ich mit Authenzität! Und so ein Weg ist natürlich schon steinig – für beide!

      Liebe Grüße
      Pamela

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  2. danke! du sprichst mir aus der seele! sooo viele gedanken die ich selbst gedacht habe, so viel monate in denen dann erstmal *nichts ging* .... aber letztlichist es nun einmal so: mutter sein heißt aufopfern - nie aber darf man selbst deshalb zugrunde gehen. wir haben nur dieses eine leben und die verdammte pflicht das beste daraus zu machen. im bestfall eben: glücklich sein!

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  3. bei uns ging es leider nicht mit dem einvernehmlichen. und nun zieht der papa auch noch hunderte km weit weg, kommuniziert nicht, redet nur von seinen rechten, erfüllt aber nicht die einfachsten pflichten.... es KANN also funktionieren mit der wechselseitigkeit, muss es aber nicht ;( selbst als er nur 10 km weit weg wohnte das letzte jahr war es schon mehr als schwierig. aber gut zu wissen dass es noch vernunft da draußen gibt. denn schließlich und endlich: geht es um die kinder. nicht um das getrennte paar und was dazu führte.

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    1. Natürlich liest sich das jetzt alles so einfach bei mir. Glaub mir, ich musste da schon auch oft die Zähne zusammenbeissen – und eben auch der Vater der Kinder. Schließlich hat man einander sehr verletzt, gerade auch weil ich aktiv aus der Beziehung gegangen bin. Ich hoffe ihr findet dennoch einen Weg der für euch funktioniert und könnt euch den Kontakt zum Vater erhalten. Realität ist leider nunmal, dass sich viele Männer komplett zurückziehen.

      Euch alles Gute!

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  4. Ich finde das Wechselmodell wirklich toll, sofern alles passt! Für uns könnte ich mir das nicht vorstellen, allein schon, weil der Papa ganz klar sagt, er will nicht "erziehen", sondern ausschließlich Spaß mit ihr haben.
    Bei uns hat der Papa einen erweiterten Umgang, dh Püppi ist alle zwei Wochenenden von Fr-Mo beim Papa und zusätzlich noch einen Tag unter der Woche (ist ein 1/3 - 2/3 Regelung). Das ist allerdings nicht völlig starr, hin und wieder wird auch "geschoben", wenn wichtige Termine (Familiengeburtstage, etc.) anliegen. Auch telefoniert Püppi jeden Abend mit dem jeweils abwesenden Elternteil und erzählt von ihrem Tag.
    Ich habe festgestellt, dass es für Püppi am Wichtigsten ist, zu wissen, wann sie wo ist, dass es feste Struktueren gibt. Und dass wir als Eltern vernünftig miteinander kommunizieren. Das klappt natürlich nicht immer, aber wir geben uns Mühe. Bis zu diesem Punkt war es auch ein echt steiniger Weg.
    Ich muss aber gestehen, dass bislang keiner von uns einen neuen Partner hat. Das macht mir manchmal Sorgen, wie sich das Gefüge dann ggf. verändert.

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    1. Auch diese Regelung kann wunderbar funktionieren. Mein Partner hat eben gerade dieses Modell. Aber es braucht eben auch viel Dranbleiben vom Vater, damit er diesen Kontakt aufrecht erhalten kann und auch mit weniger Zeit Teil des Lebens der Kinder bleibt. Das liest sich sehr gut bei euch und funktioniert bei uns glücklciherweise auch so.

      Ich habe mich mit dem Gedanken, dass mein Ex eine neue Partnerin hat sehr leicht getan, wusste ich doch, dass es jetzt bei ihm aufwärts geht und zudem verstehen sich meine Kinder sehr gut mit ihr. Das freut mich wirklich von Herzen.

      Euch weiterhin alles Gute!

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  5. Ein sehr schöner und ehrlicher Text! Schön deswegen, weil er Mut macht und dabei trotzdem ganz klar bleibt. Ich hab diesbezüglich ja nichts beizusteuern - an Erfahrung meine ich - aber ich kann nur bestätigen, dass Deine Kinder im Sommer einen zufriedenen und glücklichen Eindruck machten, genauso wie ihr zwei. Und das freut mich ungemein! <3

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    1. Das ist ja auch echt das sehr beruhigende! Wir bekommen von Familie, Lehrern und Bekannten wirklich sehr positives Feedback. Das liegt aber in meinen Augen nicht am Modell, sondern am allgemeinen bewussten Umgang.

      Fühl dich umarmt!

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  6. Es funktioniert, das Wechselmodell. Bei uns schon fast 3 Jahre. Allerdings wechseln wir alle 2 Tage bzw. 3 am WE.
    Ich wünsche Dir alles Gute und dass sich alles bald und gut einspielt!
    LG Steffi

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  7. Eine wirklich schwierige Situation die Ihr offensichtlich hervorragend meistert und anscheinend wirklich einen fairen Weg für die Kinder gefunden habt. Und letzten Endes auch für Euch. Und so eine Scheidung hat ja nichts mit Egoismus zu tun. Kinder brauchen glückliche Eltern. Ob nun zusammen oder getrennt. Und nur weil man Mutter oder Vater ist, bedeutet das doch nicht das man kein Recht mehr darauf hat glücklich zu sein. Natürlich ist es für Kinder sehr schlimm wenn sich die Eltern scheiden lassen. Aber dennoch muss man keine Angst haben das die Kinder einen Schaden für's Leben davontragen, obwohl man das ja immer befürchtet. Ich bin auch ein Scheidungskind. Ich war ca. 6 Jahre alt damals. Wir waren nur an den Wochenenden bei meinem Vater. Bis er sich ab meinem 16. Lebensjahr, und gleichzeitig direkt ab dem 18. Geburtstag meines Bruder einfach nie wieder gemeldet hat. Ohne Vorankündigung. Ohne das jetzt in die Länge ziehen zu wollen; als wir klein waren, war er ein guter Vater. Nach der Scheidung war er zu uns auch gut, aber zu unserer Mutter nicht. Wovon wir als Kinder aber nie was mitbekommen haben. Nach dem Tag, ab dem er sich nie wieder gemeldet hat, gab es etliche Gesprächsversuche unsererseits. Erfolglos. Er hat nie drauf reagiert. Über Jahre. Vor einigen Jahren dann mit Erfolg. Um es abzukürzen: Heute ist er einfach ein bemitleidenswerter Mensch vor dem ich keinen Respekt mehr haben kann und den ich schon seit sehr sehr vielen Jahren in meinem Leben nicht mehr brauche und der auch kein Teil meines Lebens mehr sein wird. Und dennoch bin ich kein Beziehungsunfähiger Mensch geworden, oder habe irgendwelche “Schäden” davon getragen. Auch wenn das vielleicht arrogant klingen mag, aber ich glaube das ich doch recht gut geraten bin. Allerdings ist das wohl eher meiner Mutter zu zuschreiben. Und egal was bei Euch kommen wird, so werden sich Deine Kinder mit Sicherheit darauf verlassen können, das Du immer für Sie da sein wirst und gute Menschen aus Ihnen machst. Und das ist doch was zählt. Das die Kinder einen Menschen haben auf den sie sich verlassen können.
    Und es ist schön zu lesen das Deine Kreativität wieder zurück ist. Denn die kann ja nur da sein wenn Du Lebensfreude hast. Also macht Ihr alle zusammen wohl einen sehr guten Job in dieser Situation. Und dafür meinen größten Respekt.

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  8. Deine Erfahrung hier so offen mit uns zu teilen finde ich sehr schön und macht sicher vielen Mut, die sich in einer ähnlichen Situation befinden oder über eine Trennung nachdenken.
    Eure Lösung klingt äußerst vernünftig, alltagstauglich und schließlich war es ja auch der Wunsch der Kinder.

    Liebe Grüße
    Paola

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    1. Das hat mich einen Haufen Überwindung gekostet. Den Post habe ich mir fast eine Woche durch den Kopf gehen lassen und mein Privatleben hier so zu teilen, ist ja eher nicht mein Ding. Aber es wäre natürlich toll, wenn es jemanden ermutigen würde auch andere Modelle zu durchdenken (wobei ich ja auch hautnah ein positives Beispiel der klassischen Regelung beobachten darf und das freut mich mindestens genauso).

      Liebe Grüße
      Pamela

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  9. Das klingt nach der fairsten Lösung, die ihr da momentan für euch und die Kinder getroffen habt. Ich bin selbst "Scheidungskind" und war an den Wochenenden immer bei meinem Papa und in der Woche bei meiner Mama. Funktionierte für uns super und ich habe nicht den Eindruck völlig verkorkst worden zu sein. Für mich war und ist wichtig, dass es meinen Eltern gut geht und mehr brauchte ich nicht. Beide haben relativ schnell einen neuen Partner gefunden, der besser zu ihnen gepasst hat und das hab ich schon als kleines Kind im Grundschulalter verstanden. Ich war auf jeden Fall immer ganz stolz in der Schule, wenn ich erzählen konnte, dass ich zweimal Weihnachten feiere und zweimal Geburtstag und zwei Kinderzimmer habe usw.. Voll der Luxus. ;)

    Irgendwann hat sich das mit den Wochenendaufenthalten nicht mehr so angeboten. Zu Discozeiten habe ich dann eher immer den logistisch praktischten Schlafplatz bei meiner Mama bevorzugt. War auch okay für alle und ich hatte immer das Gefühl, dass ich mit entscheiden darf, dass keiner traurig ist, wenn ich mich so oder so entscheide und dass ich einfach geliebt werde von allen Seiten.

    Ich habe zu meinen Eltern ein wirklich gutes Verhältnis und auch zu den neuen Bonus-Eltern. Passt also alles...

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    1. Bonus-Eltern – das ist ein schönes Wort. So wünsche ich mir das auch!

      Liebe Grüße und vielen Dank für deine Geschichte!
      Pamela

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  10. Ich finde das sehr bewundernswert und vorbildlich wie ihr euch verhaltet. Für mich ist das das Beste was ihr für euch und eure Kinder tun könnt. Schlussendlich entlastet es dich ja auch und du hast auch einmal Zeit für dich, wenn die Kids auch durch den Papa gut betreut werden.

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  11. Hut ab, den Schritt zu wagen und für euch den Weg gefunden zu haben. Ich wünsche dir, dass du dich nicht allzuoft rechtfertigen musst. Ich finde es hört sich gut an.
    Lieben Gruß,
    Petra

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  12. Vielen Dank für deinen ehrlichen Post! Ich finde es sehr bewundernswert, was ihr macht und dass du so offen darüber schreibst.
    Ich habe ein sehr schwieriges Jahr hinter mir und musste/muss Entscheidungen fällen und dabei über meinen Schatten springen, nicht für nur mich, sondern vor allem zum Wohle der Kinder. Am schwierigsten finde ich dabei den Spagat zwischen "nur an das Wohl der Kinder denken" und "sich selber treu bleiben". Die einen sagen dir "Du musst an die Kinder denken", die anderen sagen "Mach, was für DICH das Richtige ist!", und das alles in einer sehr schwierigen und schmerzhaften Zeit, in der man sich am liebsten einfach nur unter der Decke vor der ganzen Welt verkriechen möchte.

    Ich wünsche euch alles Gute!

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Wie schön, dass du mir schreiben willst!
Ich freue mich über jeden Kommentar!

Sonnige Grüße
Pamela